OLG Saarbrücken, Beschluss vom 23.11.2021 – 5 W 62/21
Im entschiedenen Fall bedankte sich die Erblasserin in einem Schreiben bei zwei Personen für die „liebevolle Aufnahme zum ersten Weihnachtstag“ und kündigte an, diese künftig notariell zu ihren Erben einsetzen zu wollen. Eine notarielle Beurkundung erfolgte krankheitsbedingt nicht; der Notar hatte der Verstorbenen lediglich einen Urkundenentwurf übersandt. Die im Schreiben genannten Personen beantragten daraufhin einen gemeinschaftlichen Erbschein und beriefen sich auf das Dankschreiben. Das Nachlassgericht wollte dem zunächst entsprechen. Die gesetzlichen Erben legten Beschwerde ein – mit Erfolg.
Rechtliche Würdigung
Zwar kann ein privatschriftliches Testament grundsätzlich auch in Form eines handschriftlich verfassten und unterschriebenen Briefes vorliegen (nicht jedoch in Form eines notariellen Entwurfs). Voraussetzung ist aber ein ernsthafter Testierwille: Der Erblasser muss das Schriftstück als rechtsverbindliche letztwillige Verfügung verstanden oder zumindest in dem Bewusstsein verfasst haben, es könne als Testament gelten. Fehlt diese Klarheit, sind Schriftstück und äußere Umstände auszulegen – unter einem strengen Maßstab.
Das OLG sah zwar im Wortlaut des Briefs Hinweise darauf, dass die Antragsteller als „Erben“ gedacht waren. Entscheidend war jedoch der Erklärungskontext: Der Brief diente erkennbar der Dankbarkeit für den Weihnachtstag und enthielt lediglich die Ankündigung einer späteren notariellen Erbeinsetzung. Der parallele notarielle Entwurf sprach zusätzlich dagegen, dass die Dankeskarte bereits mit Testierwillen verfasst wurde; aus Sicht der Erblasserin sollte die Wirksamkeit erst durch notarielle Beurkundung eintreten. Diese lag beim Erbfall jedoch nicht vor. Folge: Kein wirksames Testament, die bloße Ankündigung genügt nicht.
Praxishinweis
Jeder Erbfall ist anders. Wer Unsicherheiten vermeiden möchte, sollte die Form der letztwilligen Verfügung sorgfältig wählen und dokumentieren. Im Erbscheinverfahren kann – je nach Nachweislage – ein Erbschein erforderlich sein; der Antrag lässt sich heute oft vorab digital vorbereiten (Stichwort: online Erbschein). Ob das im Einzelfall nötig ist oder andere Nachweise genügen, klären wir gern mit Ihnen.
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